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Zwischen Reduktion und Opulenz – Zwei Tarotwelten im Vergleich

Eine Gegenüberstellung zweier selbst gestalteten Kartendecks

Die Auseinandersetzung mit Tarot begleitet mich seit vielen Jahren. Mein erstes selbst entworfenes Kartendeck – das Minimalismus Tarot – war ein analoges Projekt: stark reduziert in der Formensprache, inspiriert von Höhlenzeichnungen, archaischen Symbolen und inneren Bildern. Die Karten erzählen keine Geschichten im klassischen Sinne. Sie sprechen durch abstrahierte Zeichen und laden zur Deutung ein. Es ging mir damals um Reduktion – und darum, unabhängig von illustrativen Konventionen andere Zugänge zur Bildsprache zu schaffen.

Ganz anders mein neues Deck: das DUNKELGOLD TAROT.

Es entstand digital – auf der Basis von KI-generierten Bildfragmenten, die ich collagiert, überarbeitet und digital bemalt habe. Die Bildsprache ist im Vergleich zum Minimalismus Tarot opulent und reich an Details. Märchenhafte Szenen, mythologische Anklänge und symbolische Figuren laden zu einer erzählenden Betrachtung ein. 

Und doch eint beide Decks ein gemeinsamer Anspruch:

In beiden Werken geht es mir darum, die zeitlosen, menschlichen Grundmuster des Tarots, die Archetypen, sichtbar zu machen. 

Archetypen sind universelle Urbilder oder Grundmuster menschlicher Erfahrung, wie sie etwa der Psychologe C.G. Jung beschrieben hat. Sie verkörpern kollektive Rollen, Motive oder Situationen, die tief im menschlichen Bewusstsein verankert sind. Im Tarot begegnen wir diesen Archetypen in Form von symbolisch aufgeladenen Figuren und Szenen, die bestimmte seelische oder gesellschaftliche Zustände darstellen.

 

In beiden meiner Kartendecks spielen diese archetypischen Strukturen eine zentrale Rolle – auch wenn sie visuell ganz unterschiedlich umgesetzt sind.  

Im Minimalismus Tarot erscheinen die Archetypen auf das Wesentliche reduziert – als abstrakte, fast zeichenhafte Silhouetten, die viel Raum für Deutung lassen. 

Im DUNKELGOLD TAROT hingegen werden die Archetypen erzählerisch und atmosphärisch dargestellt. 

 

Beide Ansätze spiegeln den gleichen inneren Kern – nur die Wege dorthin sind verschieden: einmal über Formreduktion, einmal über visuelle Reichhaltigkeit.

Der Narr – Aufbruch und Unschuld in zwei Bildsprachen

Im DUNKELGOLD TAROT  begegnet uns der Narr als klassische Figur in bunter Kleidung, tanzend am Rand einer Klippe, begleitet von einem kleinen Hund. Die Szene ist reich an Bewegung und erzählt von Neugier, Sorglosigkeit und der Schwelle zum Unbekannten. 

 

Im Minimalismus Tarot erscheint der Narr nicht als Figur, sondern als grüne, offene Form, die an ein Ei erinnert – ein Symbol für den Ursprung, das alles in sich trägt. Die Form ist geöffnet, und aus ihr wächst ein kleiner Sprössling hervor – namenlos, voller Potenzial. Er steht für Aufbruch, Unschuld und das noch Unbestimmte. Die grüne Farbe betont den Aspekt des Neuanfangs, des Wachsens, der Lebendigkeit.

Wo das eine offenlässt, führt das andere aus.

Die Herrscherin / Große Mutter – Fülle, Fruchtbarkeit, Fürsorge

Die Karte III zeigt ebenfalls , wie unterschiedlich ein gemeinsames Motiv gedacht werden kann.

Im DUNKELGOLD TAROT wird diese Energie über eine erzählte Szene vermittelt: Eine hochschwangere Frau in üppigem roten Gewand sitzt inmitten eines Gartens voller Blumen, Früchte, Tiere und Vögel. Alles um sie herum atmet Fülle, Ruhe, Verbundenheit mit der Natur.

 

Im Minimalismus Tarot ist es eine bauchbetonte, rotbraune Form – eine weibliche Figur, reduziert auf ihre archaische Silhouette. Sie erinnert an alte Fruchtbarkeitssymbole, an etwas Erdhaftes, Wärmendes, Ruhendes. Die Darstellung ist abstrakt und symbolisch – sie steht für nährende Kraft, Schutz und zyklische Schöpfung.

 

Beide Darstellungen verbindet – bei aller Unterschiedlichkeit – die Farbe Rot. Sie steht symbolisch für Lebenskraft, Blut, Erdverbundenheit und schöpferische Energie. Rot ist die Farbe der Fruchtbarkeit, der Wärme und auch der inneren Stärke – und sie verankert beide Bilder im selben emotionalen Resonanzraum.

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